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Meilenstein für gemeinsame Thoraxchirurgie in OWL
Lungenkrebspatient erfolgreich mit ECMO-Unterstützung und innovativer minimalinvasiver Technik operiert


Bielefeld / Bad Oeynhausen – Seit April 2025 kooperieren das Klinikum Bielefeld und das Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, im Bereich der spezialisierten Thoraxchirurgie. Bereits nach wenigen Wochen profitiert ein Lungenkrebspatient besonders von dieser hochqualifizierten medizinischen Zusammenarbeit. Die Chirurgen führen einen komplexen Lungeneingriff mit zwei kombinierten Spezialverfahren durch, um dem bereits voroperierten Erkrankten so viel Lungengewebe wie möglich zu erhalten.
Seit Beginn der Kooperation werden regelmäßig Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Lungenkrebs oder -metastasierung zunächst im Klinikum Bielefeld aufgenommen und umfassend diagnostiziert. Unter der Leitung von Chefarzt Dr. Daniel Valdivia und in Zusammenarbeit mit dem Onkologischen Zentrum führen die erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzte des Klinikums Bielefeld alle notwendigen Abklärungen durch. Bei Patientinnen und Patienten, denen aufgrund der Diagnose ein Teil der Lunge entfernt werden muss, erfolgt die Operation durch das erfahrene Team der Thoraxchirurgen des Klinikums Bielefeld im HDZ NRW in Zusammenarbeit mit dem Team von Dr. André Renner, stellv. Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie und Leitender Arzt der Thoraxchirurgie am HDZ NRW.
So erging es auch Alexander Krenz, der nun als Patient des Onkologischen Zentrums im Klinikum Bielefeld von dieser neuen Kooperation profitierte – durch die Kombination zweier besonders innovativer Verfahren. Ende April war bei dem 60-jährigen ein sechs Zentimeter großer Tumor im linken unteren Lungenlappen diagnostiziert worden. Dieser betraf vier der fünf Segmente des Lappens, sodass üblicherweise der gesamte untere Lappen entfernt worden wäre (Lobektomie). Das Problem: Alexander Krenz hatte bereits eine frühere Operation aufgrund eines Tumors auf der rechten Seite hinter sich. Dadurch war ihm nur der obere Lungenlappen erhalten geblieben.
„Es war entscheidend, so viel Lungengewebe wie möglich zu erhalten. Vier Segmente des linken Unterlappens mussten entfernt werden, aber wir wollten ein Segment bewahren – eine maßgeschneiderte, komplexe und gewebeschonende Resektion, gerade im Hinblick auf die Tumorgröße“, erläutert Chefarzt Dr. Daniel Valdivia die besondere Herausforderung dieses Eingriffs. Dr. Valdivia leitet die Klinik für Thoraxchirurgie am Klinikum Bielefeld seit 2021. Er ist Spezialist für komplexe Operationen am Brustkorb – insbesondere für minimalinvasive und robotisch assistierte Verfahren. „Bei unserem Patienten kam erschwerend hinzu, dass der bereits voroperierte rechte Lungenflügel die Atemfunktion während des Eingriffs nicht allein übernehmen konnte – daher war eine ECMO-Unterstützung unverzichtbar, um die Operation überhaupt durchführen zu können“, so der Experte.
High-Tech-Chirurgie, die Leben rettet: nur an hochspezialisierten Zentren möglich
Die extrakorporale Lungenersatztherapie, kurz ECMO (auch: Extrakorporale Membranoxygenierung), bei dem das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und anschließend wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird, ist ein Spezialverfahren der chirurgischen Versorgung. Zwar verfügen viele Kliniken in Deutschland über ECMO-Geräte, doch der Einsatz während einer Operation – also als intraoperative Unterstützung – ist äußerst selten. Dieses Verfahren stellt hohe Anforderungen an Personal, Technik und interdisziplinäre Zusammenarbeit und wird daher nur in wenigen hochspezialisierten Zentren eingesetzt, wie etwa im HDZ NRW, das auf die extrakorporale Herz-Lungen-Unterstützung spezialisiert ist.
Nach einer ausführlichen Vorbereitung war es Anfang Juni für Alexander Krenz soweit: In Kooperation mit dem HDZ entfernte der Bielefelder Thoraxchirurg Dr. Daniel Valdivia den sechs Zentimeter großen Lungentumor – erstmals mit intraoperativer ECMO-Unterstützung. Die Operation erfolgte minimalinvasiv in uniportaler Technik über einen einzigen, nur vier Zentimeter langen Zugang. Für Krenz war dies ein Glücksfall, denn zum einen bieten nur wenige Kliniken in Deutschland überhaupt eine intraoperative ECMO an, und zum anderen wird die anspruchsvolle uniportale Technik nur in ausgewählten Zentren routinemäßig angewendet. Dieses besondere minimalinvasive Verfahren, das im Klinikum Bielefeld fest etabliert ist, ermöglicht selbst bei komplexen Eingriffen eine schonende Operation mit nur einem kleinen Schnitt.
Noch in der Nacht nach der großen Operation konnte Krenz die Intensivstation verlassen und auf die Normalstation im HDZ verlegt werden. Nach der Visite auf der Station zeigten sich Dr. Valdivia und Dr. Renner sehr zufrieden mit dem Verlauf. „Unserem Patienten geht es sehr gut. Das ist ein hoch zufriedenstellendes Ergebnis und ein hervorragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit und gebündelte Expertise beider Teams – HDZ und Klinikum Bielefeld“, darüber sind sich die Thoraxchirurgen einig.
Die Allianz der Expertise der Bielefelder Thoraxchirurgen in der minimalinvasiven und roboterassistierten Thoraxchirurgie ergänzt sich mit der Erfahrung der Thoraxchirurgen im HDZ NRW und kennzeichnet die zukunftsweisende Ausrichtung des gemeinsamen Kompetenzzentrums in OWL im Sinne der nordrhein-westfälischen Krankenhausplanung. „Die Kombination beider Möglichkeiten hebt diesen Eingriff auf ein besonders hohes Niveau. An diesem Fall wird deutlich, dass wir schon nach kurzer Zeit das hochspezialisierte thoraxchirurgische Spektrum des Klinikums erweitern konnten und nun durch den Zusammenschluss unserer Kompetenzen modernste chirurgische Behandlungen sicherstellen“, hebt Michael Ackermann, Geschäftsführer des Klinikums Bielefeld, hervor. Ein wesentlicher Vorteil dieser Zusammenarbeit ist, dass die wenigen sehr komplexen Lungenkrebsfälle in OWL nun in der Region behandelt werden können.
Hintergrundinformationen
ECMO
Umgangssprachlich wird das ECMO-Verfahren (Extrakorporale Membranoxygenierung) auch als „künstliche Lunge“ bezeichnet, da das Gerät die Atemfunktionsleistung für den Patienten oder die Patientin außerhalb des Körper übernimmt.
Normalerweise werden Patientinnen und Patienten mit akutem Lungenversagen zunächst per Intubation künstlich beatmet. Wenn die Lungen den zugeführten Sauerstoff aber nicht ausreichend ins Blut abgeben können, muss das Blut außerhalb des Körpers (extrakorporal) mit Sauerstoff befüllt werden. Hier kommt dann das ECMO-Verfahren zum Einsatz, bei dem zwei dicke Kanülen durch die Haut in die größten Venen des Körpers eingeführt werden. Durch eine dieser Kanülen werden etwa drei bis fünf Liter Blut pro Minute aus dem Körper herausgeleitet, an einer künstlichen Membran findet dann der Gasaustausch statt (Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlendioxid). Das mit Sauerstoff angereicherte Blut wird durch die andere Kanüle wieder in den Körper zurückgeleitet.
Das ECMO-System wird bei besonders anspruchsvollen Eingriffen eingesetzt, zum Beispiel, wenn ein ganzer Lungenflügel entfernt werden muss (Pneumonektomie), die verbleibende Lunge jedoch nicht ausreichend leistungsfähig ist.
Uniportale Operationstechnik
Die uniportale Technik ist eine moderne Form der minimalinvasiven Thoraxchirurgie, bei der die gesamte Operation durch nur einen einzigen kleinen Schnitt von etwa 3 bis 5 cm Länge durchgeführt wird – meist zwischen den Rippen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren, bei denen mehrere Zugänge erforderlich sind, wird hier mit Spezialinstrumenten und einer Kamera durch denselben Zugang gearbeitet.
Diese Methode gilt als besonders schonend für die Patientinnen und Patienten: Weniger Schmerzen, geringerer Blutverlust, ein kürzerer Krankenhausaufenthalt und eine schnellere Genesung sind nur einige der Vorteile.
Gleichzeitig erfordert die Technik große chirurgische Erfahrung und eine präzise Koordination des Operationsteams, da der gesamte Eingriff durch einen sehr begrenzten Raum erfolgt.
In Deutschland wird die uniportale Technik bislang nur in wenigen spezialisierten Zentren regelmäßig eingesetzt – das Klinikum Bielefeld zählt zu den Krankenhäusern, in denen dieses Verfahren routinemäßig zur Anwendung kommt.
Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen
Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, ist ein international führendes Zentrum zur Behandlung von Herz, Kreislauf- und Diabeteserkrankungen. Mit 40.500 Patientinnen und Patienten pro Jahr, 14.300 davon in stationärer Behandlung sowie 1.300 ambulanten Operationen jährlich zählt das HDZ NRW zu den größten und modernsten klinischen Zentren seiner Art in Europa. Als Thoraxzentrum in Ostwestfalen-Lippe bestehen Kooperationen mit dem Klinikum Bielefeld und dem Klinikum Herford. Seit 1989 ist die Einrichtung Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum. Die Professorenschaft des HDZ NRW ist zusätzlich seit 2023 Mitglied der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld. Die Einrichtung ist bekannt als größtes Herztransplantationszentrum in Deutschland. Gesellschafter ist das Land Nordrhein-Westfalen.
Als hochspezialisiertes Zentrum in der operativen Therapie organüberschreitender Lungentumoren wird das HDZ NRW in der aktuellen Krankenhausplanung NRW als operatives Thoraxzentrum ausgewiesen.
Klinikum Bielefeld und Universitätsklinikum OWL
Die Klinikum Bielefeld gem.GmbH umfasst die drei Krankenhäuser Klinikum Bielefeld Mitte, Klinikum Bielefeld Rosenhöhe und das Klinikum Halle (Westf.) sowie zwei medizinische Versorgungszentren. Als Haus in kommunaler Trägerschaft und Mitgliedshaus der Allianz kommunaler Großkrankenhäuser in Deutschland verantwortet das Klinikum Bielefeld die klinische Diagnostik, Therapie und Pflege.
Seit Start des Wintersemester 2021/22 ist das Klinikum Bielefeld als Campus Klinikum Bielefeld des Universitätsklinikums OWL an der theoretischen und praktischen Ausbildung von Medizinstudierenden der Universität Bielefeld beteiligt. Besonderes Merkmal des humanmedizinischen Modellstudienganges an der Universität Bielefeld ist u.a. der frühzeitige Praxisbezug, die Verzahnung von grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Inhalten sowie die Stärkung der Allgemeinmedizin und hausärztlichen Versorgung.
Das Klinikum als Haus der Maximalversorgung leistet in über 30 Fachkliniken sowie diversen Abteilungen und interdisziplinären Einrichtungen patientenorientierte und moderne Hochleistungsmedizin. Zusätzlich wird der Rettungshubschrauber Christoph 13 von den Notfallmedizinern des Klinikums besetzt. „Unsere Kompetenz für Ihre Gesundheit“ steht im Zentrum des Handelns von mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. An 365 Tagen pro Jahr und 24 Stunden am Tag werden im Klinikums rund 43.000 stationäre und 100.000 ambulante Patientinnen und Patienten behandelt (Jahr 2024). Insgesamt verfügt das Klinikum über 1.100 Betten.